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Motivation zum Kauf – ist sie abhängig von Werbung?

 

 

Die Frage danach, wie man Menschen motiviert, ist etwa so sinnvoll wie die Frage „Wie erzeugt man Hunger?“ Die einzig vernünftige Antwort lautet „Gar nicht, er stellt sich von alleine ein“. (Spitzer, 2002)

 

Man kann also kein Kaufbedürfnis erzeugen, es ist einfach vorhanden.
Werbung für mein Unternehmen ist aber trotzdem sinnvoll – oder etwa nicht?

Stimmt. Lediglich die Aussage, dass sie ein Bedürfnis erzeugen kann, ist nicht richtig. Wir alle haben Bedürfnisse oder Motive, sogar alle die gleichen. Sie sind lediglich, je nach unserer Persönlichkeit, unterschiedlich wichtig für uns.

 

Es gibt verschiedene Modelle zu Motiven. Eines hat sogar den Preis der Deutschen Gesellschaft für Psychologie bekommen. Dieses Züricher Modell der sozialen Motivation besagt, dass unserer Persönlichkeit drei Bedürfnisse zu Grunde liegen:

1. Bedürfnis nach Sicherheit: Darunter fällt das Suchen nach Geborgenheit, vor allem bei vertrauten Personen, aber auch Fürsorge für andere Menschen (z.B. Familie)
2. Bedürfnis nach Abwechslung: Darunter fällt das Streben hin zu fremden Menschen und neuen Dingen oder Situationen (z.B. Abenteuerurlaub)
3. Bedürfnis nach Autonomie: Darunter fällt das Streben nach Eigenständigkeit, positivem Selbstbewusstsein und Kontrolle (z.B. Führungsposition)

 

Wir haben also alle diese drei Motive, jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt.
Aber wie funktionieren diese Bedürfnisse? Man kann sich das Ganze gut am Beispiel eines Bankkontos vorstellen: Bin ich auf meinem Bankkonto im Minus, versuche ich dies durch Geldverdienen wieder auszugleichen.
Wenn ich auf meinem Konto „Bedürfnis nach Sicherheit“ im Minus bin, rufe ich meine Familie an, damit ich mich nicht mehr einsam fühle. Jeder Mensch hat ein solches Konto für jedes Bedürfnis. Aber ab welchem Punkt es nicht mehr im Minus ist, das ist dann zwischen Personen unterschiedlich.

Und genau hier kann man mit der eigenen Werbung ansetzen, denn die wesentliche Funktion von Produkten und Marken ist, ein Ungleichgewicht der Bedürfnisse bei Kundinnen und Kunden auszugleichen oder zu verhindern.

 

Unsere Kundinnen und Kunden beschäftigen sich natürlich nicht in jeder Situation mit ihrem vorrangigen Motiv: Nach einem langen Arbeitstag greift der nach Autonomie strebende Firmenmanager trotzdem zum Handy und ruft seine Kinder an (was das Bedürfnis nach Sicherheit ausgleicht). Daher ist es wichtig nicht nur die Bedürfnisse, sondern auch die Situation der Kunden zu kennen und zu berücksichtigen.

 

Nehmen wir als Beispiel eine Werbung für ein Reisebüro. Wie man durch die Gestaltung der Werbung das Bedürfnis nach Abwechslung ansprechen kann, ist hier einfach vorzustellen. Ein Bild von einem weit entfernten Ort mit blauem Wasser und weißem Strand spricht indirekt das Bedürfnis nach Abwechslung an. Ein zusätzlicher Text darauf, der das Wort „Freiheit“ beinhaltet, spricht es direkt an. Ein passender Ort für die Schaltung dieser Werbung wäre beispielsweise eine Busfahrt, die viele Pendler täglich antreten. In einer solchen Situation ist das Bedürfnis nach Abwechslung sehr wahrscheinlich bereits im Ungleichgewicht.
Mit Online-Werbung dagegen könnte man ebenso den Zeitpunkt für das Posting so wählen, dass währenddessen möglichst viele Personen auf dem Weg hin oder zurück von der Arbeit sind. Ob die Werbung dann per Print oder Online für diese sichtbar ist, spielt für das Bedürfnis keine Rolle.

 

Wenn wir uns also Überlegen was unsere Kunden antreibt, müssen wir gar kein Kaufbedürfnis mehr erzeugen. Es reicht die Kunden gut zu kennen, und die Werbung auf ihre ohnehin bestehenden Bedürfnisse anzupassen. Dann haben wir alles richtig gemacht.

 

 

Spitzer, M. (2002) Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens. Spektrum Akademischer Verlag.